Die Entscheidung zum Wiederaufbau trafen die Verantwortlichen des Hochstifts schon im April 1944. Ab Ende Mai wurde der wichtige ‚Aufruf‘ zum Wiederaufbau des Goethe-Hauses versandt und in zahlreichen Zeitungen abgedruckt. Mit großem Erfolg: Schon vor Kriegsende bewirkte er eine Welle der Hilfsbereitschaft. Große und kleine Spenden für den Wiederaufbau kamen aus dem ganzen Land, aus Solidarität traten viele Menschen ins Hochstift ein. Die Zahl der Mitglieder stieg gegen Kriegsende von rund 2.000 im Jahr 1942 auf 6.400 im Frühjahr 1948.

Mit den Planungen zum Wiederaufbau wurde Fritz Josseaux (1890 – 1947) beauftragt, der seit 1937 der Architekt des Hochstifts war. Er starb im April 1947. Sein Nachfolger wurde Theo Kellner (1899 – 1969), der die schwierigen Bauplanungen bis zur Einweihung des Goethe-Hauses (1951) und des Goethe-Museum (1954) leitete.

Aufruf an die Mitglieder, Mai 1944

Am Morgen des 24. März 1944, zwei Tage nach dem verheerenden Luftangriff, brach das ausgebrannte Haus bzw. das, was von ihm noch erhalten war, in sich zusammen. Schon am 9. April besprach Beutler mit dem Architekten Fritz Josseaux über den Wiederaufbau und am 14. April trug er den Vertretern des Verwaltungsausschusses – darunter der Vorsitzende Georg Hartmann und sein Stellvertreter Friedrich Bethge – die Pläne vor, denen auch die Vertreter der Stadt zustimmen. Beutler schreibt den ‚Aufruf‘ am 26. April und bereits am 1. Mai geht das Faltblatt in Druck.

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Georg Hartmann / Ernst Beutler: Aufruf an unsere Mitglieder Mai 1944 © Freies Deutsches Hochstift

Beutler an Edwin Redslob, 25. März 1946

Schon nach Kriegsende hatte es einige wenige kritische Äußerungen zu den Wiederaufbauplänen des Hochstifts gegeben. Der Dichter Reinhold Schneider fragte im Dezember 1945 in einem Zeitungsartikel, ob es hier um ‚Goetheverehrung oder Goethekult‘ gehe. 1946 erschien in einer badischen Tageszeitung ein weiterer kritischer Beitrag. In der Öffentlichkeit fanden diese Stimmen vorerst keinen Widerhall. Auch Beutler reagierte nicht darauf. Er blieb pragmatisch: „Bauen wir still auf, und wenn das Erdgeschoss einmal steht, was wir bis Ostern erreicht haben werden, wird kein Mensch mehr sagen, wir sollten es wieder niederreissen.“

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Ernst Beutler (1885 – 1960): Brief an Edwin Redslob, Frankfurt am Main, 25. März 1946 © Freies Deutsches Hochstift

Artikel zu den Wiederaufbauplänen

Rundbrief an die Mitglieder, 28. August 1946

Zwischen 1941 und 1962 erschien kein Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts. Die Mitglieder wurden daher nach dem Krieg durch ‚Rundschreiben‘ über die Tätigkeiten des Hochstifts und den Fortgang des Wiederaufbaus informiert. Zu Goethes Geburtstag 1946 verschickte das Hochstift seinen dritten Rundbrief an die Mitglieder, in dem über die Schwierigkeiten des Wiederaufbaus, den Rücktransport der ausgelagerten Bestände und die eigenen Veranstaltungen berichtet wird. Das Hochstift verfügte damals über mehr als 5.000 Mitglieder, darunter viele, die nach dem März 1944 eingetreten waren, um einen Beitrag zum Wiederaufbau des Frankfurter Goethe-Hauses zu leisten.

vitrine 3 fdh an unsere mitglieder Rundbrief an die Mitglieder, Nr. 3. Frankfurt am Main, den 28. August 1946 © Freies Deutsches Hochstift

 

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Das Freie Deutsche Hochstift besaß in der Hochstraße ein Wohnhaus, das unzerstört geblieben war. Von dort aus wurden der ‚Aufruf‘ und die diversen Schriften für die Mitglieder versandt und der Wiederaufbau organisiert. Aus dem Foto aus dem Jahr 1946 sind zu sehen (v.l.n.r.): Josefine Rumpf, Ernst Beutler und der langjährige Archivar des Hochstifts, Robert Hering.

© Freies Deutsches Hochstift

Zerstörte Gedenktafel, gerettete Fensterkörbe

Als am 22. Oktober 1844 in Frankfurt das Schwanthalersche Goethe-Denkmal enthüllt wurde, war am Elternhaus eine Gedenktafel angebracht worden, die kein geringerer als Arthur Schopenhauer schon 1837 angemahnt hatte. Sie wurde im Krieg zerstört und anders als die beschädigten Fensterkörbe nicht mehr angebracht.

vitrine 3 zerbrochene tafel

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© Freies Deutsches Hochstift

Treppe und Wappen in den Trümmern

Bildergalerie: Treppen und Wappen in Trümmern

Margaret Louise Farrell: Fotoalbum

Das kleinformatige Album bekam das Hochstift von Margaret Louise Farrell im Juli 2010 geschenkt. Sie war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Mitglied des U.S. Women’s Army Corps in Frankfurt stationiert. Ihr selbstgestaltetes Album widmet die Hobbyfotografin dem Goethe-Haus. Ein Foto mit aufgeschichteten Trümmersteinen und dem Straßenschild „Grosser Hirschgraben“ ziert die erste Seite – es muss bald nach der Zerstörung entstanden sein. Auf der rechten Albumseite notiert Farrell ein paar Sätze zur Geschichte der Straße und zum Goethe-Haus, das sich im Mai 1948, als die Fotos wohl entstanden, bereits im Wiederaufbau befand. Das Album zeugt von großem Geschichtsbewusstsein und von der Ehrfurcht für Goethes Elternhaus im Ausland.

 

 

vitrine 3 kleines fotoalbumMargaret Louise Farrell: Fotoalbum zum Goethe-Haus © Freies Deutsches Hochstift